EZB analysiert Finanzstabilitätsrisiken von offenen Gewerbeimmobilienfonds
Das in den vergangenen Jahren stark gestiegene Engagement der Immobilienfonds in Gewerbeimmobilien rückt angesichts der sich verschlechternden Aussichten in einzelnen Gewerbeimmobilienmärkten in den Fokus der EZB. Diese hat in ihrem Bericht „The growing role of investment funds in euro area real estate markets: risks and policy considerations“ Risiken von offenen Gewerbeimmobilienfonds und deren Auswirkungen auf die Finanzstabilität näher analysiert. Sie betont, insbesondere die strukturelle Liquiditätsinkongruenz zwischen illiquiden Vermögenswerten und Verbindlichkeiten könne bei häufigen Rückgabeverlangen der Anleger die Stabilität der Gewerbeimmobilienmärkte in Europa beeinträchtigen und verweist auf den aktuellen Anstieg der Rücknahmeanträge des Blackstone Real Estate Income Trust (BREIT) in den USA.
Da die Gewerbeimmobilienmärkte noch immer unter den Corona-Folgen und nun auch unter den schlechten Konjunkturaussichten und raschen Zinserhöhungen leiden, könnte dies auch in Europa zu Abflüssen aus Immobilienfonds führen, schreibt die EZB weiter. Sie schlägt daher vor, dass Gewerbeimmobilienfonds einem besonderen aufsichtlichen Rahmen unterliegen sollten, um ein etwaiges Liquiditätsungleichgewicht und die Risiken für die Finanzstabilität zu verringern. Daher empfiehlt sie, Maßnahmen zu entwickeln, die den Fonds dabei helfen, „Spitzen in der Liquiditätsnachfrage besser zu bewältigen und die Kosten für Rücknahmen zu internalisieren, die während eines Marktstresses entstehen können".
Hierzu zählen Liquiditätssteuerungsinstrumente wie Rücknahmegebühren und Rücknahmebeschränkungen. Solche Instrumente sollten von den Aufsichtsbehörden koordiniert und europaweit einheitlich angewendet werden. Derartige Instrumente alleine aber würden nicht ausreichen, betont die EZB. Sie fordert, auch weitere politische Maßnahmen wie Liquiditätsquoten und niedrigere Rücknahmefrequenzen, längere Kündigungs- und Abwicklungsfristen sowie längere Mindesthaltefristen zu prüfen, die das Liquiditätsrisiko grundlegend verringern könnten. Dabei verweist die EZB darauf, dass in Deutschland bereits gesetzliche Vorgaben für eine Kündigungsfrist von mindestens zwölf Monaten sowie eine Mindesthaltedauer von 24 Monaten bei offenen Immobilienfonds bestehen.
In Deutschland tragen die bestehenden Maßnahmen zur Stabilität der Anlageklasse bei. Darüber hinaus adressiert derzeit der EU-Gesetzgeber anlässlich der Überarbeitung der Richtlinie für Manager alternativer Investmentfonds (AIF) das Thema Liquiditätsinkongruenzen, indem er die Manager von AIF zur Nutzung von Liquiditätssteuerungsinstrumenten verpflichten wird. Unabhängig davon sind die Fondsmanager ohnehin jederzeit dazu verpflichtet, die Funktionsfähigkeit ihrer Liquiditätsmanagementsysteme angemessen zu bewerten und gegebenenfalls auf veränderte Marktlagen zu reagieren.

